Heute wollen wir uns dem Thema „Fetisch/ Fetischismus“ zuwenden.
Fällt euch spontan ein „Fetisch“ ein? Der bekannteste ist wohl der Fußfetisch. Doch es gibt noch ganz viele. Hier ein paar Beispiele:
– Schuhfetisch (Schuhformen/typen, wie Ballettos, High Heels, Overknees, … meist im Zusammenspiel mit dem Fußfetisch)
– Materialfetisch (Lack, Leder, Nylon, Latex, PVC, Satin, Seide, Kunststoff…)
– Kleidungsfetisch (Korsett, Reizwäsche, Uniformen, Badebekleidung…)
– bestimmte Rollenspiele/ Praktiken (Pet-play, Age-play…)
– Bimbofication
–Sadomasochismus
– usw.
Wie ihr schon merkt, umfasst der Fetischismus ein unglaublich weites Feld. Doch woher kommt das Wort „Fetisch“ und was ist ein Fetisch eigentlich und gibt es einen Unterschied zwischen Fetisch und Fetischismus?
Im Duden lassen sich 2 Definitionen finden:
„1. [heiliger] Gegenstand, dem magische Kräfte zugeschrieben werden, subjektiv besondere Bedeutung beigemessen wird; Götzenbild (Völkerkunde)
2. Gegenstand, Körperteil o. Ä. als Objekt des Fetischismus(Psychologie)“
Na alles klar? Ok, Übersetzung folgt gleich. Jetzt nur schnell woher das Wort an sich kommt:
Fetisch hat alleine nur vom Wort her eine etwas umständliche Geschichte. Es ist dem franz. féticheentlehnt, welches eigentlich aus dem portug. feitiçokommt. Beides bedeutet „Zauber / Zaubermittel“. Der Ursprung liegt eigentlich im lat. factīcius (nachgemacht/unecht). So, zurück zur Übersetzung vom Duden:
1. Der Begriff Fetisch kommt aus demreligiösen Gebrauch und bezeichnet ein lebloses Objekt der, mit magischen Kräften oder Geister beseelt ist. Durch die Verehrung und Opfer können diese Kräfte aktiviert und gesteigert werden. Jedes Objekt kann zu einem Fetisch werden. Ursprünglich kommt diese Art der Gegenstandsverehrung aus Westafrika. Wobei es im Christentum ebenfalls so etwas gibt. Man denke nur an den Heiligen Gral.
2. Das hat Duden etwas kurz gegriffen. Aus der Psychologie sprechen wir meist über einen sexuellen Fetischismus, wenn wir über Fetische sprechen. Ein Fetisch ist ein unbelebter Gegenstand, Körperteil oder ähnliches, der subjektiv erotisch aufgeladen ist.
Und jetzt kommt auch der Unterschied zwischen Fetisch und Fetischismus:
Fetisch ist das Objekt, welches verehrt wird oder sexuell aufgeladen ist (z.B. High Heel).
Fetischismus ist die Fixierung auf dieses Objekt oder dessen Verehrung, nicht das Objekt (der Fetisch) selbst.
Auf Punkt 2 wollen wir ja etwas tiefer eingehen. Wir hatten am Anfang ja schon einige Fetische genannt. Häufig denken Menschen allgemein an so was, wenn sie Fetisch hören. Mittlerweile verbinden viele eine sexuelle Vorliebe, die Objekte, Körperteile oder Handlungen miteinbeziehen kann. Witzigerweise gehören Sextoys nicht dazu, da sie ja für die sexuelle Handlung hergestellt wurden. Also geht es eher um etwas, was sich außerhalb der konstruierten „sexuellen Norm“ befindet.
Übrigens haben wir den sexuellen Fetischismus dem franz. Psychologen Alfred Binet zu verdanken. 1887 zog er, mittels seiner Arbeit „Le Fétichisme dans l´amour“ den Begriff Fetisch in den sexuellen Bereich (und das vor Freud…). Natürlich wurde der Begriff in den Fachkreisen noch als „krankhaft“ bzw. „behandlungsbedürftig“ angesehen. Vorangetrieben durch Richard von Krafft-Ebing und (natürlich) Sigmund Freud.
Und damit kommen wir zur
ICD-10-Definition:
Der Fetischismus findet sich im ICD-10 unter den F65.- Störungen der Sexualpräferenz.
F65.0 Fetischismus
„Gebrauch toter Objekte als Stimuli für die sexuelle Erregung und Befriedigung. Viele Fetische stellen eine Erweiterung des menschlichen Körpers dar, z.B. Kleidungsstücke oder Schuhwerk. Andere gebräuchliche Beispiele sind Gegenstände aus Gummi, Plastik oder Leder. Die Fetischobjekte haben individuell wechselnde Bedeutung. In einigen Fällen dienen sie lediglich der Verstäkung der auf üblichem Wege erreichten sexuellen Erregung (z.B. wenn der Partner ein bestimmtes Kleidungsstück tragen soll). (Quelle: https://www.icd-code.de/icd/code/F65.-.html27.04.2021)
Klingt erst einmal danach, als ob jede sexuelle Vorliebe, bezogen auf Objekte oder Kleidung behandlungsbedürftig wäre und einige fühlen sich auch stigmatisiert durch die Definition des ICD-10. Nach unserem Wissen bleibt Fetisch auch in der neuen Version des ICDs bestehen (ICD-11). Das kann man finden wie man mag, aber vielleicht ist es nicht soooo schlecht. Warum klären wir, wenn wir uns der Frage widmen, ab wann Fetische denn eigentlich ungesund und behandlungsbedürftig sind.
Fetischismus gehört zu den sogenannten Paraphilien; sexuelle Vorlieben, die deutlich von der Norm abweichen (wir hatten es weiter oben angedeutet). Nicht jeder Fetisch ist behandlungsbedürftig und die, die es sind sind nicht automatisch „krank“ oder „pervers“.
Wenn überhaupt wäre die Frage: „sind Fetische legal oder gesetzeswidrig oder vielleicht ethisch, moralisch in Ordnung.“Bsp.: Schuhfetisch vs. Nekrophilie (Leichen-teile) vs. Racial play (Personen aufgrund ihrer ethnischen Herkunft objektifizieren).
Die Frage, ab wann ein Fetisch behandlungsbedürftig ist, liegt an jedem selbst. Allgemein kann man sagen, sobald man einen Leidensdruck verspürt. Was Leidensdruck bedeutet kann auch sehr individuell sein. Hier 2 Möglichkeiten:
1. ohne den Fetisch ist keine erotische Stimulation mehr möglich. Dadurch ergibt sich eine mögliche Abhängigkeit zum Fetisch, welches einen Leidensdruck erzeugen kann.
Oder
2.man fühlt sich dazu getrieben diesen Fetisch auszuleben (Suchtcharakter) obwohl man es evtl. nicht möchte (Bsp.: Pictophilie; Vorliebe zu Pornos, erotische/pornografische Bilder).
Für diese Menschen wäre es wichtig, dass diese Art der Paraphilie im ICD-11 bleibt. Es ist nicht nur als Stigmatisierung zu verstehen, sondern auch als Hilfsmöglichkeit. So bleibt es (in Deutschland) möglich über die Krankenkasse abzurechnen, wenn ihr Therapeut*innen mit Kassenzulassung findet und nicht perse selbst zahlen müsst.
Dann gibt es noch die ethisch, moralisch fragwürdigen Fetische, die wohl eher eine Grauzone bilden. Personen aufgrund ihrer Herkunft zu objektifizieren und die nur heiß zu finden, weil sie aus xyz kommen ist erst mal nicht in Ordnung. Warum? Weil der Person ihre Persönlichkeit abgesprochen wird. Feeding (Partner*in füttern und mästen) wäre auch kritisch zu betrachten. Fraglich ist ob der*die Partner*in es tatsächlich im Konsens mitmacht oder aus einer Abhängigkeit heraus oder im schlimmsten Fall es gar nicht mitbekommt (oh ja, solche Fälle gibt es auch). Weitere Abhängigkeitsverhältnisse die entstehen könnten sind beim Geldfetisch im Spiel Findom und Moneypig.
Diese Grauzonen sind schon zu hinterfragen, aber wenn wirklich alles im Konsens (SSC) passiert/ abgesprochen ist und bleibt, so ist es auch völlig ok.
Dann gibt es noch die rechtliche Seite. Das Sklavenverträge nicht bindend sind, haben wir ja schon bei unserem Thema „Sicherheit beim BDSM“erläutert.
Also ihr Lieben… Fetische können sooo was schönes sein. Aber nicht alle. Wenn ihr unter eurem Fetischismus leidet, scheut euch nicht professionelle Hilfe zu suchen. Viele Stammtische haben KAP-Listen(Kink-Aware-Professionals). Das sind Listen, in denen u.a. Therapeut*innen aufgelistet sind, die vielleicht selbst nicht zur Szene gehören, aber auch keine Berührungsängste mit dem Thema haben . Leidet ihr vielleicht unter dem Fetisch eure*r Partner*in, so hoffen wir, dass ihr das Gespräch sucht und darüber redet. Vielleicht sucht ihr dann gemeinsam ebenfalls professionelle Hilfe und wenn gar nichts hilft, wäre die Frage der Trennung durchaus eine berechtigte Frage.