A Coming-Out-Story

 Dies ist die Outing-Geschichte, die uns ein Mitglied unserer Community geschickt hat. Es spiegelt seine Geschichte wider und somit seine Meinung und seine Gedanken.

Wir möchten uns darüber kein Urteil bilden oder dies bewerten. Stattdessen danken wir dir für´s teilen und das wir daran teilhaben dürfen.

Wir möchten damit andere ermuntern sich über ihr Outing oder Outing im Allgemeinen Gedanken zu machen. Was wäre, wenn sich dein Freund*in/Bekannte*r/Kolleg*in / Tochter / Sohn / Mutter / Vater / Tante / Onkel etc. zu was auch immer outen würde? Wie würdest du reagieren?

„Hallo liebe Lady Marie. Ich möchte Dir gerne nun zum Thema Outing etwas schreiben:

Die Frage „Oute ich mich oder Oute ich mich nicht?“ muss eigentlich jeder für sich selbst beantworten. Das kann man nicht einfach pauschalisieren, da es ungewiss ist, wie die einzelnen Bekannten und Verwandtschaftsverhältnisse zueinander stehen.

BDSM an sich, gibt es ja schon eine geraume Zeit. Jedoch hat sich BDSM in den 90er Jahren so entwickelt, dass es allmählich allein das Laufen lernte. Vor dieser Zeit aber waren wir BDSMler*innen in der Vanilla-Welt nur kranke Menschen, Idioten, Perverslinge und psychisch voll daneben. Schwule und Lesben wurden in dieser Gesellschaft damals auch als geistig krank betitelt.

Erst die Verfilmung des Romans „Fifty shades of Grey“ enttabuisierte BDSM und brachte der Szene den richtigen Durchbruch, in der Gesellschaft mehr Akzeptanz zu erfahren. Der Roman und der Film ist zwar grottenschlecht, hat jedoch unsere BDSM-Szene gesellschaftsfähiger gemacht.

Zu jener Zeit wo BDSM noch als krank bezeichnet wurde, konnte und durfte man sich und seine Neigungen nicht outen. Heutzutage dürfte es kein Problem sein. Jedoch stoßen sich einige Vanillas immer noch daran und können die Sache mit dem BDSM nicht akzeptieren. Mittlerweile ist BDSM so groß geworden, dass es aus der Gesellschaft nicht mehr zu verdrängen ist.

Nur noch mal zu der Frage:

Oute ich mich oder oute ich mich nicht? Wem oute ich mich? Wie oute ich mich? Will ich mich outen oder will ich es lieber im Verborgenen behalten?

Ich habe vor einigen Jahren mein BDSM-Outing gehabt und konnte meine Neigung auch in der Öffentlichkeit zeigen. Vorher habe auch ich viele Jahre meine Neigung im Verborgenen halten müssen. Heutzutage ist es bei mir und meiner Lady so; wir machen keinen Hehl mehr daraus, wer und was wir sind. Wir gehen FKK-baden, wir sind tätowiert, wir tragen Intimschmuck. Uns interessiert es nicht ob ein Badestrand mit Textil ist oder FKK. Wir gehen an jedem Badestrand nackt baden. Wenn es jemanden stört, dann muss er weggucken. Meine Frau ist zwar nicht ganz so doll drauf wie ich, aber ansonsten gehen wir mit diesen Neigung ganz offen um. Wir besuchen Tattoo-, Erotikmessen und leben unseren BDSM 24/7. Dies war viele Jahre jedoch nicht so. Nicht dass wir es nicht wollten. Nein! Die Gesellschaft in der wir lebten ließ es nicht zu.

Ein*e BDSMler*in erkennt die Bedeutung des Schmuckes sofort, die normale Bevölkerung erkennt jedoch nur Modeschmuck und weiß nichts von der Bedeutung der einzelnen Schmuckstücke. Ich durfte mich eines Tages meiner Neigung outen. Und zwar:

Ich war auf Montagearbeit im fernen, fernen, fernen Deutschland. In meiner Freizeit trage ich ein Halsband und einen Ring der O. Nach Schichtende wollte ich mich mit unserem Chef der Firma zum Abendessen treffen. Jedoch vergaß ich mein Halsband abzulegen. Als wir uns nun gegenüberstanden fragte mein Chef: „*** ist dir das nicht zu eng?“ Ich wunderte mich, fasste an meinen Hals und erschrak. Ich hatte vergessen das Halsband abzulegen. Ich entschuldigte mich mehrmals und sehr demütig. Mein Chef erwähnte, dass ich das Halsband doch an lassen solle und ich sollte meinen Fetisch und meine Neigung doch nicht verstecken.

Seit diesem Tag trage ich Erkennungsmerkmale auch in der Öffentlichkeit. Mein Chef hat für mein Firmen-PKW sogar ein Spezial- Kennzeichen  anfertigen lassen ***-SM***.  Mittlerweile habe ich das Halsband gegen einen Kette mit einem Ring der O-Anhänger ausgetauscht. Eine liebe Freundin sagte letztens zu mir, dass die Kette besser wie das Halsband an mir aussehen würde.

Das Zeigen von Erkennungsmerkmalen der BDSM-Szene in der Öffentlichkeit ist auch ein Outing. Ich trage mein Erkennungsmerkmale ständig und täglich, egal ob es zur Vorstandssitzungen, Bauberatungen oder nur zum Einkaufen ist. Einige neugierige Menschen, denen man so begegnet, schauen mich an und fragen mich ob die Schmuckstücke die ich trage für mich eine Bedeutung haben. Wenn ich diese Frage bekomme dann beantworte ich auch diese Frage mit der Information, dass ich BDSMler bin. Denn ich stehe zu meiner Neigung.

Was ich nicht mache ist, dass ich mir ein Schild um den Hals hänge wo vorne und hinten darauf steht „Ich bin ein BDSMler“. Liebe  Lady Marie, ich bin auch ein trockener Alkoholiker. Und trage auch kein Schild am Hals oder auf den Rücken wo drauf steht. „Ich Sauf nicht mehr“. Wenn mich jedoch jemand fragt, warum ich kein Alkohol mehr trinke, dann erzähle ich ihm die Geschichte. So mache ich es auch mit BDSM. Denn es gibt keinen Menschen, der das Recht hat über ein anderen zu urteilen. Schon gar nicht wenn man diesen nicht kennt bzw. ist es noch schlimmer wenn jemand glaubt, dass er weiß wie Du denkst und fühlst.

Also im Ganzen mal zusammen gefasst. Outen sollte sich nur der*diejenige, der*die es von Herzen will. Aber man soll auch sich und seine eigenen Neigungen nicht verstecken.“


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